Porträt des Monats Dezember 2022
Das Masterprogramm „Didactique de la Langue Allemande“ am Institut Supérieur des Langues de Gabès wurde 2018 mit Hilfe des DAAD Projekts DHoch3 und der DAAD-Lektorin vor Ort eingeführt, um diesen Bedarf zu stillen. Das Online-Angebot DHoch3 ist kostenlos und unterstützt die akademische Ausbildung künftiger Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer in Schule und Hochschule. Maßgeblich wird das Programm außerdem seit 2018 durch eine Erasmuspartnerschaft mit der Universität Trier bereichert. Innerhalb Tunesiens ist es der einzige Master, welcher eine didaktische Ausbildung zur Lehre des Deutschen als Fremdsprache bietet. Die Absolventinnen und Absolventen haben sehr gute Berufschancen. Sie sind als Lehrkräfte an der Hochschule oder im privaten Sektor tätig und streben teilweise eine Promotion im Bereich Deutsch als Fremdsprache an. Wir haben Frau Hajer Mechri befragt, die kürzlich ihre Masterarbeit mit großem Erfolg verteidigt hat.
- Frau Mechri, Sie haben nach Ihrem Licencestudium im Fach Deutsch einen Masterabschluss im Fach Didaktik des Deutschen als Fremdsprache studiert. Was waren Ihre Beweggründe?
Nach meinem Licencestudium Germanistik habe ich zwei Monate lang als Deutschlehrerin in einer privaten Sprachschule gearbeitet. In diesem Zusammenhang habe ich festgestellt, dass man nicht automatisch ein guter Lehrer ist, wenn man die Fremdsprache gut beherrscht. Ich hatte immer das Gefühl, dass es eine Lücke gibt. Immer hatte ich Schwierigkeiten mit der Vermittlungsweise oder auch bei der Vorbereitung des Unterrichts usw. Deshalb hatte ich mich entschieden, einen DaF/DaZ Master in Deutschland abzuschließen, da es in Tunesien zu diesem Zeitpunkt nicht möglich war, einen Master im Fach Didaktik des Deutschen als Fremdsprache zu machen. Ich war daran interessiert mehr über die praktischen „Geheimnisse“ zu erfahren, und wollte wissen, wie ich mich mit innovativen, didaktischen Methoden beim Deutschlehren- und -lernen weiterbilden kann. Der Deutschunterricht im staatlichen Bereich ist sehr veraltet. Eine radikale Erneuerung wäre nötig, um neue Lehrvisionen zu schaffen. Die Lösung des Problems gelingt meiner Meinung nach nicht durch Erhöhen der „Dosis“ (mehr Deutschabsolventen), sondern durch ein Wechseln des „Medikaments“ (vor allem durch die Verbesserung der didaktischen und methodischen Ausbildung). Daher sollte man sich damit beschäftigen, wie man ein guter bzw. qualifizierter Lehrer werden kann. Die Gründung dieses innovativen Masters in Gabès war eine große Herausforderung aber auch eine hervorragende Möglichkeit, um unsere Ziele als DaF-Lehrende zu verwirklichen.
- Was macht die deutsche Sprache so besonders? Was gefällt Ihnen an der deutschen Kultur? Was fanden Sie merkwürdig?
Die Stärke Deutschlands reflektiert sich meiner Meinung nach auch in seiner Sprache mit den vielen Besonderheiten, Ausnahmen, Präfixen, langen Komposita (Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz) und seinem reichen Wortschatz von etwa 5,3 Millionen Wörtern. Das gibt einem die Möglichkeit, sich sehr präzise auszudrücken. In diesem Zusammenhang hat sich der berühmte Schriftsteller Kurt Tucholsky so geäußert: „Wer die deutsche Sprache beherrscht, wird einen Schimmel beschreiben und doch das Wort „weiß“ vermeiden können.“ Diese reichhaltige Sprache, die netten Menschen und die vielfältigen Traditionen machen die deutsche Kultur einzigartig. Im Rahmen meines Aufenthaltes als Austauschstudentin des Erasmusprogramms in Deutschland habe ich die deutsche Kultur aus der Nähe betrachten und ein bisschen von Innen erleben können. Tatsächlich habe ich einige Stereotypen über die Deutschen validiert, wie z.B., dass sie viel Bier trinken, viele Kartoffeln essen, sehr pünktlich, sauber, bürokratisch und ordentlich sind. Ich habe mit den Deutschen gelebt, gefeiert, studiert und mit ihnen zahlreiche Diskussionen durchgeführt. Im Rahmen dessen habe ich viele Unterschiede aber auch Gemeinsamkeiten entdeckt. Fast alles hat mir gut gefallen und es war für mich sehr spannend und bedeutungsvoll, da ich viele Erfahrungen gesammelt und Neues kennengelernt habe. Aber was ich sehr faszinierend und fast auch merkwürdig fand, ist zu welchem Ausmaß die Deutschen gesetzestreu sind. Ich erinnere mich daran, als einmal die Straße in der Nacht komplett leer war und die Ampel rot und ein Fußgänger gewartet hat, bis diese grün geworden ist, um dann die Straße zu überqueren. In diesem Moment habe ich mich gefragt bis zu welchem Maß sich die Deutschen an Regeln halten.
- Sie haben Ihr Studium vor Kurzem abgeschlossen, was sind Ihre Karrierepläne?
Ich habe mein Masterstudium gerade beendet und arbeite an der Sprachhochschule Gabès als Deutschlehrerin. Meine Masterarbeit, die unter dem Titel „Rolle der formelhaften Sequenzen (Chunks) beim Wortschatzlernen im heutigen tunesischen DaF-Unterricht“ lautet, war eine große Herausforderung und eine tolle Erfahrung, die mich sehr motiviert hat. Besonders beeindruckt hat mich das Ergebnis meiner Befragung, bei der nur 10% der befragten Dozierenden und Studierenden den Begriff „Chunks“ kennen. Das Thema war eine große Motivation für mich, um weiterzuforschen, neue DaF-Probleme in Tunesien zu entdecken und neue mögliche Lösungen dafür zu finden bzw. zu erstellen. Deshalb strebe ich eine Promotion im Fach DaF an, besonders da es einen Mangel an DaF-Experten in Tunesien gibt.