Porträt des Monats September 2022
Wir haben einen deutschen Doktoranden interviewt, der im Rahmen eines DAAD Stipendiums am INRGREF (Institut National de la Recherche en Génie Rural, Eaux et Forêts) geforscht hat.
Name: Fritz Kalwa
Heimathochschule: TU Dresden
Gastinstitution: INRGREF (Institut National de la Recherche en Génie Rural, Eaux et Forêts)
Fachbereich: Institut für Grundwasserwirtschaft
Besondere Interessen: Arabische Sprache, Fahrradtouren (Tunesien hat hier einiges zu bieten)
- Können Sie uns in aller Kürze Ihr Forschungsvorhaben erläutern?
Die Westküste des „Cap Bon“ (knapp 60 km östlich von Tunis) wird schon seit langer Zeit sehr stark agrarisch genutzt, weil die Klima- und Bodenverhältnisse günstig sind. Allerdings hat die intensive Bewässerung mit Grundwasser hier zu einer Absenkung des Wasserspiegels geführt, die mit Salzwasserintrusionen von der Meeresseite einhergeht. Um eine Art „hydraulische Barriere“ aufzubauen, wird in der Nähe von Korba seit einigen Jahren geklärtes Abwasser versickert. In meinem Forschungsvorhaben geht es vor allem darum, die Mischungsverhältnisse zwischen Meerwasser, nativem Grundwasser und dem versickerten Abwasser zu identifizieren. Dafür nutzen wir hydrochemische Methoden und die Isotopenhydrologie.
- Sind Sie während Ihres Forschungsaufenthalts zu Ergebnissen gekommen, die für Tunesien nützlich sein können?
Dass die Versickerung des geklärten Abwassers einen positiven hydraulischen Effekt hat, war bereits vorher bekannt. Allerdings ist neben dem reinen Salzgehalt auch die toxikologische und bakteriologische Qualität des Grundwassers von Belang. Mit diesem Thema konnte ich mich leider nur am Rande beschäftigen, aber meine Kollegen Olfa Mahjoub und Walid Chmingui vom INRGREF werden sich in den nächsten Jahren näher damit befassen, was sehr spannend zu werden verspricht.
- Ist neben der Arbeit noch Zeit für andere Dinge in Tunesien geblieben?
Ich hatte das Glück, durch meinen Kollegenkreis und mein privates Umfeld schnell mit aktiven und warmherzigen Menschen aus Tunis und Umgebung in Kontakt zu kommen, die mir einen Einblick in diese Gesellschaft gaben. Ich war positiv überrascht von der Offenheit und Toleranz, die im Alltag gelebt wird und von den (zivil-)gesellschaftlichen Strukturen, die ich in der Form noch in keinem anderen Land der MENA-Region erlebt habe. Leider erlaubt die ökonomische Situation es den meisten Tunesiern nicht, ihr eigenes Potential und damit auch das ihres Landes voll zu entfalten. Das ist wirklich schade, denn die jungen Triebe, die sich in den letzten zehn Jahren entwickelt haben, würden mit ein wenig „Dünger“ und regelmäßigem „Gießen“ eines Tages ganz sicher wunderschöne Blüten tragen. Hoffen wir, dass sie in der Hitze dieser schwierigen Zeiten nicht verdorren. Das Land hat so viel zu bieten: In landschaftlicher, gesellschaftlicher und kultureller Hinsicht.