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Porträt des Monats Dezember 2023

Dr. Mohamed Cherif hat mit einem deutsch-tunesischen Regierungsstipendium an der RWTH Aachen Bauingenieurwesen studiert und anschließend im Bereich Abfallwirtschaft promoviert. Heute ist er ein weltweit gefragter Experte aufgrund seiner großen fachlichen Kompetenz und der jahrelangen internationalen Erfahrung.

© DAAD/Cherif

Dr. Cherif hat im November 2023 am DAAD Alumni-Treffen teilgenommen, wir haben ihn befragt:

  1. Herr Dr. Cherif, stellen Sie sich und Ihren akademischen und beruflichen Werdegang kurz vor.

Ich heiße Mohamed Cherif, bin Bau- und Umweltingenieur, Geschäftsführer und Projektleiter in einem Ingenieurbüro mit deutscher Kapitalbeteiligung, das derzeit hauptsächlich in der Türkei und in Deutschland tätig ist.

Ich habe meine lange akademische Karriere an der TU München begonnen, als Regierungsstipendiat direkt nach meinem tunesischen Abitur. Mein Ingenieurstudium habe ich dann an der RWTH Aachen fortgesetzt, wo ich nacheinander die akademischen Grade Dipl.-Ing. im Bauingenieurwesen und Dr.-Ing. am Lehr- und Forschungsgebiet Abfallwirtschaft erworben habe. 2005 habe ich meine Dissertation mit dem Titel “Strukturen und Entwicklungspotenzial der Abfallwirtschaft in Tunesien” verteidigt.

Nach einer kurzen, aber sehr erfolgreichen Karriere in der tunesischen Verwaltung (ARRU/Projektleiter und ANPE/Vizedirektor) habe ich meine erste internationale Erfahrung mit der GIZ in Tunesien sammeln können und konnte sie später in Algerien als Umweltexperte fortsetzen.

Kurzum, ich habe in den letzten zwanzig Jahren ein gutes Dutzend kurz- und mittelfristige Aufträge ausgeführt, in der Regel als Einsatzleiter in praktisch allen Teilen der Welt, d. h. in Europa (Deutschland, Frankreich), Afrika (Tunesien, Algerien, Marokko), im Nahen Osten (Jordanien, VAE), in Asien (Türkei, Japan) und in Amerika (Kanada). In der Tat habe ich Aufträge für große Ingenieurgesellschaften wie GOPA, GIZ IS, Fichtner, SOFRECO übernommen, die von internationalen Geldgebern wie der EU, EIB, EBRD, KfW, GIZ, AFD, JICA finanziert wurden.

  1. Viele tunesische Studierende an ausländischen Hochschulen entscheiden sich, nach dem Studium in Europa oder Nordamerika zu bleiben. Sie hingegen haben sich nach der Promotion entschieden nach Tunesien zurückzukehren. Was hat Sie dazu bewegt und wie beurteilen Sie diese Entscheidung retrospektiv?

Tatsächlich gab es zwei Hauptmotive für meine durchdachte Entscheidung für die “Rückkehroption” im Gegensatz zu einer vielversprechenden “Diasporaoption” in den 2000er Jahren in Deutschland: familiäre und heimatverbundene Gründe einerseits, andererseits berufliche Gründe. Ich stamme aus Sidi Bou Said, einem der schönsten Dörfer der Welt, wie ich finde. Der Wunsch wieder in die Heimat zurückzukehren und dort zu leben, war damals für mich, nach einer dreizehnjährigen Auslandserfahrung, unwiderstehlich. Auch die Tatsache, dass ich mich für eine Doktorarbeit rund um die Verbesserung der Abfallwirtschaft in meinem Heimatland entschieden hatte, trug dazu bei, nach Tunesien zurückzukehren, um zu versuchen, die wissenschaftlich erarbeiteten Schlussfolgerungen in die Praxis umzusetzen.

Ein entscheidender Faktor für den Erfolg meiner beruflichen Wiedereingliederung in Tunesien war das bekannte und renommierte tunesisch-deutsche “Umweltprogramm”, das von der deutschen technischen Zusammenarbeit mitbetreut wurde. Dank dieses Projekts bekam ich direkt eine Anstellung bei der GIZ. In der Programmkomponente “Abfallwirtschaft im Medjerda-Tal”, war ich Projektleiter, später in der Programmkomponente “Technologietransfer”, war ich auch für den “Firmenpool Umwelttechnik” verantwortlich, der von GIZ/IHK/DEG mitbetreut wurde.

Diese sehr bereichernde Erfahrung ebnete mir den Weg in mehrere anderen Länder der MENA-Region, wo ich ähnliche Aufgaben übernahm und gleichzeitig von dem in Tunesien erworbenen Fachwissen profitieren konnte, z. B. in den VAE, Marokko oder Jordanien, wo ich (als Leiter eines Expertenteams) die nationalen und lokalen Behörden bei der Umsetzung der jordanischen Strategie für die Abfallwirtschaft begleitete.

Im Nachhinein bin ich der Meinung, dass ich gut daran getan habe, zunächst in Tunesien zu arbeiten, bevor ich mich auf den internationalen Markt wagte, der fundierte und tiefgreifende Erfahrungen erfordert. Ohne diese erste Erfahrung mit der GIZ in Tunesien wären meine Referenzen nicht aussagekräftig genug, um Schlüsselpositionen in dem Fachgebiet, das ich beherrsche, zu besetzen. Derzeit bewege ich mich zwischen Tunesien und der internationalen Ebene, da ich in der Zeit von COVID bis zum letzten Jahr ganz nach Tunesien zurückgekehrt bin, um die Stelle eines Auftragsverantwortlichen für technische Zusammenarbeit zugunsten von Tunesien im Rahmen des von der EU mitfinanzierten Projekts “Sanierung der Region um den See von Bizerte” zu übernehmen.

  1. Wie gelingt es Ihnen mit Deutschland in Verbindung zu bleiben?

Wie bereits erwähnt, bevorzuge ich aufgrund meines deutschen Bildungshintergrunds die Arbeit mit deutschen Unternehmen und wenn möglich in Projekten, die von der deutschen Entwicklungszusammenarbeit (GIZ) oder der KfW mitfinanziert oder an in Deutschland ansässige Unternehmen vergeben werden. Auch ohne Aussicht auf eine Anstellung nutzen viele deutsche Unternehmen regelmäßig meine Expertise und Netzwerke bei der Suche nach lokalen Partnern, um sich an Ausschreibungen in Tunesien, im französischsprachigen Afrika oder in arabischen Ländern zu beteiligen, was ihnen den Zugang zu bilateralen oder multilateralen Kooperationsprojekten erleichtert.

Darüber hinaus werde ich aufgrund meiner Mitgliedschaft in deutschen Netzwerken, sei es im akademischen, gemeinnützigen oder beruflichen Bereich, über Veranstaltungen und Projekte, die für mich von Nutzen sind, auf dem Laufenden gehalten, wie zum Beispiel das letzte sehr interessante Alumni-Treffen, das von der DAAD-Außenstelle Tunis organisiert wurde. Nicht zu vergessen meine Mitgliedschaft in verschiedenen Alumni-Initiativen und -Vereinen im deutschsprachigen Raum, wie z. B. der Vereinigung tunesischer Absolventen deutscher Universitäten, dessen Vorstandsvorsitzender ich Anfang der 2000er Jahre war.

  1. Vielen Dank für das Interview! Gibt es abschließend noch etwas, das Sie unseren Leserinnen und Lesern mit auf den Weg geben möchten?

Ich bin der Ansicht, dass sich die akademische Aufgabe eines “Praktikers” wie ich nicht auf den Erwerb des letzten akademischen Grades beschränken sollte. Ich ermutige diejenigen, die über die Mittel und Fähigkeiten verfügen, nachdrücklich dazu, andere an ihrem praktischen Know-how teilhaben zu lassen, z. B. durch wissenschaftliche Veröffentlichungen, Vorträge, Fortbildungsveranstaltungen etc. Ich persönlich habe immer einen großen Teil meiner Freizeit damit verbracht, wissenschaftliche oder Presseartikel zu veröffentlichen und an Fernseh- oder Radiosendungen zu Themen im Zusammenhang mit meinem Fachgebiet teilzunehmen. Ich habe sogar ein Buch in deutscher Sprache mit ca. 300 Seiten mit dem Titel “Die Abfallwirtschaftspolitik Tunesiens – Eine Kreislaufwirtschaft im Dienst des Massentourismus und der wirtschaftlichen Entwicklung” geschrieben.

Darüber hinaus habe ich neben meiner beruflichen Tätigkeit an mehreren deutschen und tunesischen Universitäten, wie der Ecole Polytechnique de Tunis, Studierende oder junge Ingenieurinnen und Ingenieure unterrichtet, Vorträge gehalten und Dutzende von Studierenden in Tunesien und Deutschland bei ihren Abschlussprojekten betreut.

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